Filme sollten nicht danach beurteilt werden, was sie nicht sind – beziehungsweise was sie (nach eigener Meinung) hätten sein sollen. Ein Sequel muss sich allerdings gefallen lassen, an seinem Vorgänger gemessen zu werden, da es schließlich von dessen Ruf und von dessen Erfolg profitiert. Der Drehbuchautor und Regisseur Parker Finn setzt mit „Smile 2 – Siehst Du es auch?“ sein Langfilmdebüt aus dem Jahr 2022 fort und liefert eine Horrorshow, die vieles richtig macht. Die Hauptdarstellerin geht in die Vollen. Die Schocks tanzen im Minutentakt fies lächelnd ins Bild. Das Blut spritzt. Die Effekte sind solide. Als Weiterführung des ersten Teils ist dieses Werk indes eine ziemliche Enttäuschung.
Smile erzählte von der jungen Psychiaterin Rose, die als Kind den Suizid ihrer psychisch kranken Mutter miterleben musste. In der Notfallambulanz wird sie eines Tages mit einer Doktorandin konfrontiert, die zunächst behauptet, von einem dunklen Wesen verfolgt zu werden, und dann vor den Augen von Rose mit einem verzerrten Lächeln im Gesicht Selbstmord begeht. Bald zeigt sich, dass die böse Macht, von der die Frau gesprochen hat, offenbar auf die Protagonistin übergegangen ist.
Der Film entwickelte sich 2022 zum Hit. Die Kritiken fielen überwiegend positiv aus. Oft wurde die Geschichte aber darauf reduziert, recht clever die Formel von Genrebeiträgen wie Ring (2002) oder It Follows (2014) kopiert zu haben: Das Böse wandert wie ein Virus von einer Person zur nächsten – und hat sich jemand einmal „angesteckt“, scheint es beinahe unmöglich, die „Seuche“ wieder abzuschütteln.
Was Smile jedoch neben der überzeugenden Grusel-Inszenierung und dem gelegentlichen schwarzen Humor so mitreißend machte, war der dramatische Aspekt. Die von Sosie Bacon sensationell verkörperte Heldin und ihr (innerer) Konflikt wurden ernst genommen. Wir sahen, wie sich ein traumatisierter Mensch mit spürbaren seelischen Wunden nach dem jahrelangen Versuch einer Heilung (als private und berufliche Mission) abermals mit dem absoluten Schrecken und Kontrollverlust auseinandersetzen muss. Das hatte Wucht und Tragik, wodurch der Horror umso grausamer loderte.
Smile 2 präsentiert uns jetzt ein völlig neues Setting – was per se keine üble Idee ist. Im Zentrum steht die Popsängerin Skye Riley (Naomi Scott), die ein Comeback plant. Ein nächtlicher Autounfall, bei dem Skyes Promi-Lover Paul (Ray Nicholson) starb, bildete den Tiefpunkt einer Reihe von Alkohol- und Drogenexzessen – doch nun ist Skye zurück, clean und bereit für eine große Tour, wie sie Drew Barrymore (in einem Kurzauftritt) in deren Talkshow berichtet. Das Konzept eines Superstar-Daseins entspricht in Smile 2 eher dem Mindset der frühen 2000er Jahre, lässt an Britney Spears oder Lindsay Lohan in jener Ära denken, nicht an aktuelle Künstlerinnen wie Taylor Swift. Skye ist den (klassischen) Medien schutzlos ausgeliefert. Sie hat Fans, die entweder total peinlich oder Psychos mit schlechter Haut (und deshalb besonders abstoßend und gefährlich in dieser Welt!) sind. Selbstverständlich gibt es auch die Mutter (Rosemarie DeWitt), die ihre Tochter nur als Vermarktungsobjekt zu begreifen scheint. Und einen Assistenten (Miles Gutierrez-Riley), der betont „unmännlich“ ist, was als Vorlage für etliche flache Gags dient, die selbst in Sitcoms vor zwei Dekaden müde gewirkt hätten.
In einem trashigen Grusler wären die Figurenzeichnungen und Dialoge auf Soap-Niveau gewiss hinnehmbar. Zumal der Regisseur zahlreiche beeindruckende visuelle Einfälle hat, um diesen stereotypen Celebrity-Kosmos plötzlich ins Schaurige kippen zu lassen. Denn nachdem auch Skye Zeugin eines rabiaten Suizids samt diabolischem Lächeln wurde, wird ihr Leben zum Albtraum. Dann wandelt sich etwa eine Dance-Choreo zum Tanz der Teufel – was sehr gekonnt in Szene gesetzt ist.
Von der Tragik des ersten Teils ist die rasante Eskalation hingegen weit entfernt. Skyes Trauma durch den Autounfall wird in einer lärmigen Actionsequenz abgehandelt, bei der diverse Selbstzerstörungs- und Todeswunsch-Klischees billig-plakativ aufgefahren werden. Um das unterkühlte Mutter-Tochter-Verhältnis, das zerschnittene Band zwischen Skye und ihrer ehemals besten Freundin Gemma (Dylan Gelula) oder die Ursachen für Skyes Selbsthass wenigstens in Ansätzen zu beleuchten, bleibt in rund 127 Minuten Laufzeit leider kein Raum.
Stattdessen istSmile 2eine grelle, versiert gestaltete Geisterbahnfahrt. Geistlos, streckenweise überholt, aber unterhaltsam. Naomi Scott kann dabei kein Vorwurf gemacht werden; sie gibt in der Hauptrolle alles, selbst in Momenten, in denen fast alle anderen um sie herum bizarr schlecht spielen und ihr das Skript keinerlei glaubhafte Sätze oder Aktionen zur Verfügung stellt, um einen interessanten Charakter entstehen zu lassen.
Eine einzige Person kehrt aus dem ersten Teil wieder – und erinnert im überfrachteten Auftakt des Films mit ein paar desillusionierten Blicken daran, dass sich Genre und Tiefgang nicht ausschließen müssen. Und eine tatsächlich einnehmende Nebenfigur klärt uns nach etwa zwei Dritteln des Plots darüber auf, wie die ganze Chose siegreich bekämpft werden könnte. Doch das passiert natürlich nicht, denn: The Franchise Must Go On.